Penicillin Amidase

Penicillinamidase (EC 3.5.1.11, PA, Penicillin-Acylase) gehört zur Klasse der Hydrolasen, einer Unterklasse der Aminohydrolasen, und stellt eine Gruppe von sogenannten N-terminalen nucleophilen Hydrolasen dar. Sie katalysiert die Reaktion von Penicillin und H₂O zur Bildung von Carboxylat und 6-Aminopenicillanat. Der systematische Name dieser Enzymklasse ist Penicillin-Amidohydrolase. Weitere gebräuchliche Namen sind Penicillin-Acylase, Benzylpenicillin-Acylase, Alpha-Acylamino-Beta-Lactam-Acylhydrolase und Ampicillin-Acylase. Penicillinamidase wurde in Bakterien, Hefen und Pilzen gefunden. Ihre Hauptfunktion besteht darin, heterocyclische Verbindungen als Kohlenstoffquelle zu nutzen.

Klassifikation

Um alle verschiedenen Penicillin-akkumulierenden Enzyme zu kategorisieren, wurde eine Klassifikation dieser Enzyme vorgeschlagen. Der allgemeine Name für diese Enzymklasse ist Alpha-Acylamino-Beta-Lactam-Acylhydrolase mit einer Unterteilung in mehrere Typen gemäß der bevorzugten Acylgruppe.

Tabelle 1. Klassifikation der Alpha-Acylamino-Beta-Lactam-Acylhydrolase.

Struktur

Sowohl die Spaltungs- als auch die Kopplungsreaktionen können von Penicillinamidase katalysiert werden. Das Enzym wird normalerweise aus E. coli gewonnen. Es ist ein heterodimeres periplasmatisches Protein, das aus einer kleinen α-Untereinheit von 23 kD und einer großen β-Untereinheit von 62 kD besteht. Der katalytische Zyklus beginnt mit einem nucleophilen Angriff der Hydroxylgruppe des aktiven Serins, das sich am N-terminalen Ende der β-Kette (bS1) am Kohlenstoffatom der Carbonylgruppe der Amid- oder Esterbindung eines Substrats befindet. Über ein tetraedrisches Oxyanion-Intermediat wird ein Acyl-Enzym gebildet, während die Abgangsgruppe abläuft. Das Acyl-Enzym kann anschließend durch einen β-Lactam-Nucleophil deacylatiert werden, was ein semi-synthetisches β-Lactam-Antibiotikum ergibt, oder durch H₂O, was zum Hydrolyseprodukt führt.

Abbildung 1. Struktur der Penicillinamidase. (D.B. Janssen)

Katalytischer Mechanismus

Penicillinamidase katalysiert den Transfer einer Acylgruppe von einem Nucleophil zu einem anderen. Die Hydrolyse von Penicillin G stellt den Transfer einer Phenylacetylgruppe von 6-Aminopenicillansäure zu Wasser dar. Der Mechanismus der Acylierung ähnelt dem, der bei anderen Serin-Hydrolasen wie Lipasen und Proteasen vorkommt, und verläuft über ein Acyl-Enzym-Intermediat. Dieses kovalente Intermediat wird durch die Acylierung der Hydroxylgruppe eines aktiven Serinrestes durch Penicillin G bei der Freisetzung von 6-Aminopenicillansäure gebildet. Anschließend kann das Acyl-Enzym mit Wasser reagieren, um Phenylessigsäure und das native Enzym zu erzeugen. Da alle Schritte reversibel sind, ist der umgekehrte Prozess – die Umwandlung von Säuren in Amide – prinzipiell bei niedrigen Wasseraktivitäten möglich.

Abbildung 2. Mechanismus der von Penicillin-Acylase-katalysierten Amid-Hydrolyse. (Van Langen, L.M. 2001)

In den meisten Serin-Hydrolasen wird die Nucleophilität des Serinrestes durch die gekoppelte Wirkung benachbarter Aminosäurereste (die katalytische Triade Asp-His-Ser) verstärkt. Die Untersuchung der dreidimensionalen Struktur der Penicillin-Acylase ergab jedoch keinen basischen Rest in der Nähe des katalytisch aktiven Serins. Daher wurde ein Mechanismus postuliert, bei dem die Hydroxylfunktion des aktiven Serins der Penicillin-Acylase durch ihre eigene N-terminalen Aminofunktion über ein verbindendes Wassermolekül aktiviert wird. Das Oxyanion-tetraedrische Intermediat wird durch Wechselwirkungen mit den Hauptketten-Amiden von B23 und B69 sowie dem Nδ von Asn241 stabilisiert.

Physiologische Funktion

Penicillinamidase ist normalerweise in Organismen vorhanden, die Penicillin synthetisieren, aber die physiologische Rolle des Enzyms ist ungewiss. Das Enzym trägt wahrscheinlich nur in geringem Maße zur Resistenz gegen β-Lactam-Antibiotika im Vergleich zur Hauptrolle der β-Lactamasen bei, könnte jedoch in einigen Organismen signifikant sein. Beispielsweise wiesen hochresistente Stämme von Francisella tularensis sowohl β-Lactamase- als auch Penicillin-Acylase-Aktivität auf. Darüber hinaus wurde während der Autolyse von filamentösen Pilzen ein Anstieg der PenG- und PenV-Acylase-Aktivität beobachtet.

Anwendung

Penicillinamidase wurde über 50 Jahre lang intensiv untersucht. In der Praxis wird dieses Enzym häufig zur Herstellung von 6-Aminopenicillansäure verwendet, die das Hauptsynthon in der Synthese von Penicillin-Antibiotika ist. Penicillinamidase wird auch zur Synthese verschiedener semi-synthetischer β-Lactam-Antibiotika eingesetzt. Die breite Substratspezifität und hohe Regio-, Chemo- und Stereoselektivität des Enzyms werden zur Herstellung chiraler Verbindungen (die in der modernen Pharmazie zunehmend nachgefragt werden) sowie zum Schutz von Hydroxy- und Aminogruppen in der Peptid- und feinen organischen Synthese genutzt.

Literaturverzeichnis